Andreae Lanaemoni
sexagenario carmen in strophis Sapphicis Horatii generis
Von Veronika Lütkenhaus
Prologus
Macte Lanaemon! Celebremus illum –
(nomen ex ‚lana‘ posui atque ‚daemon‘
stulta! Mastrucis ovis involutus
num lupus ille?)
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Saraviponti quater ante laetos
quindecim Andreas puerilis annos
mite natalique hiemale lumen
tempore cernit.
Tardius lucet rationis ardor,
in scholis Graecis venit obviam ille
Socratis daemon minime malignus:
‚Optime, salve!‘
Inde post Graecos proficisci adultus
(non enim daemon satis est fideli)
ipse vult, Christique ovis e caterva
pascere fratres.
Urbe ab aeterna revenit sacerdos
doctus excelse patribus studendo.
En professoris decus ordinari
accipit ipsum.
Urbs Monacensis, tibi pastor audax
sacra doctrinae serit almum in agrum.
Grana frumenti moritura fructum
dent vel abunde!
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Epilogus
Lanea daemon sapiensve nunc est
veste vestitus, salis atque grano
‚Macte Lanaemon!‘ iterum canamus:
Vivat in aevum!
Prolog
Heil Dir, o Wollbold! Feiern lasst uns jenen –
(‚Wolle‘ und ‚Kobold‘ ich verband zum Namen,
Dummkopf ich! Ist in Schafespelz gewandet
Etwa ein Wolf er?)
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Viermal vor fünfzehn frohen, reichen Jahren
hat in Saarbrücken noch ganz klein Andreas
winterlich mildes Licht der Welt erblicket,
Weihnachtszeit war es.
Später erst strahlt ihm des Verstandes Leuchte,
und es begegnet in der Griechischstunde
Sokrates’ Dämon, keineswegs verschlagen:
‚Grüß’ Dich, mein Bester!‘
Dann nach den Griechen bricht er auf, erwachsen
(denn dieser Dämon reicht dem Gläub’gen nicht aus)
selbst will er, als ein Schaf der Herde Christi,
weiden die Brüder.
Aus der Aeterna kehrt er heim als Priester,
glänzend gebildet durch der Väter Studium.
Sieh, er empfängt auch Professorenwürde
ordentlich festlich.
O Du Stadt München, Dir der kühne Hirte
Heil’ges der Lehre sät in fruchtbar’n Boden.
Mögen des Weizens Körner sterbend bringen
Früchte in Fülle!
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Epilog
Nun ist der Kobold oder auch der Weise
wollig gekleidet, und mit Salzeskorn lasst
‚Heil Dir, o Wollbold!‘ wiederum uns singen:
Lebe er ewig!
*Metrum:
—◡——— ‖ ◡◡—◡—×
—◡——— ‖ ◡◡—◡—×
—◡——— ‖ ◡◡—◡—×
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Für das rhythmische Lesen der deutschen sapphischen Strophe:
Den dreimal wiederholten Elfsilbler lies
Dammbadammdammdamm, dabadammbadammdamm,
wobei damm lang und da/ba kurz zu lesen ist.
Die letzte Zeile lies Damm dabadammdamm.)
Veronika Lütkenhaus hat u.a. in München Klassische Philologie und Theologie studiert und arbeitet zur Zeit in Frankfurt an einer Dissertation zu Horaz und Anakreon. In näheren Kontakt mit dem Jubilar kam sie ursprünglich durch die Lösung des Sommerrätsels 2017 und die darauffolgende Lektüre, die sie nachhaltig beeindruckt hat.